Intime Räume 2013 Theorie

Workshop und theoretischer Diskurs | Von der Realität des Träumens und dem Albtraum der Realität
SA 28 und SO 29 09 2013 | Hotel Altes Kloster | Fabriksplatz 1a / Hainburg a.D.

IR_13_neu_web KünstlerInnen Ryoko Akama (GB/JP), Brigitta Bödenauer (A), Sylvia Eckermann (A), Jogi Hofmüller (A), Volkmar Klien (A), Slavo Krekovic (SK), Elisabeth Schimana (A), Susanne Schuda (A), Christian Stefaner-Schmid (A), Evgeniy (Zhenya) Vashenko (UA), Alla Zagajkevich (UA)
TheoretikerInnen Katharina Gsöllpointner (A), Brigitte Holzinger (A), Friedrich Tietjen (DE), Jozef Cseres (SK)
Workshop Luzides Träumen | Leitung Dr. Brigitte Holzinger | SA 28 09 2013 11:00 bis 21:00
Theorie Brunch | mit allen anwesenden KünstlerInnen und TheoretikerInnen | SO 29 09 2013 11:00 bis 15:00

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Im Träumen überwinden wir Raum und Zeit, fliegen fragmentarisch von einer Situation zur nächsten und befinden uns in einem Zustand der Schwerelosigkeit. Vermeintlich Zusammenhangsloses verdichtet sich, erscheint unkontrollierbar und jeglicher Linearität entbehrend.

Längst erleben wir diesen Zustand nicht nur in den Traumphasen unseres Schlafes, denn der Akt des Träumens ist in unserer mediatisierten Welt ein alltäglicher geworden. Im Jahrtausend des Träumens befinden wir uns in einer permanenten Realität von verdichteten Traumbildern, welche über unsere Bildschirme flimmern. Wir klicken uns von einem Ort zum anderen, bewegen uns mühelos durch die Zeiten, öffnen ineinander verschachtelte Fenster, zappen durch endlose Kanäle, und legen unseren Körper ab.

Gleichzeitig erleben wir eine Radikalisierung der physischen Realitäten, die sich im Zusammenbruch wirtschaftlicher Systeme, Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit und im Kampf ums tägliche Brot ausdrücken, und zum Albtraum werden.

Ist es das, was wir anstreben sollten? Einen Zwischenzustand, einen Trancezustand wie wir ihn im Klartraum erleben und in welchem die TräumerInnen Bewusstsein über ihren Zustand haben und handelnd eingreifen?

KünstlerInnen und TheoretikerInnen reflektieren in Workshop und Theorie Brunch intim und dialogisch das Jahrtausend des Träumens. Dieser Diskurs ist die Initialisierung für die von IMA Institut für Medienarchäologie in Auftrag gegebenen künstlerischen Arbeiten für das Festival Intime Räume 2014, in dem 10 Zimmer des Hotels „Altes Kloster“ bespielt werden.

Luzides Träumen (Klartraum) unterscheidet sich von üblichen Träumen dadurch, dass die TräumerInnen Bewusstsein über ihren Zustand haben und um ihre freie Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit wissen. Die Spannweite des möglichen Erlebens im Klartraum erstreckt sich von Wahrnehmungen, Empfindungen etc., die denen im Wacherleben ganz ähnlich sind, bis hin zu phantastischen und bizarren Inhalten, die für das Träumen typisch sind.

Workshop | Der Workshop besteht aus 2 Teilen – ein Teil, der sich dem Träumen widmet und ein Teil, der sich dem Klarträumen widmet.

Teil 1 | Traum Nach einer theoretischen Einführung, wie man seinen Träumen näher kommen kann und warum man das tun soll oder kann, wird in einer Übungsabfolge, die auf gestalttherapeutischen Prinzipien beruht, erlebt, wie man dem, was ein Traum sagen möchte, näher kommt und was man dabei erlebt.

Teil 2 | Luzides Träumen, Klarträumen, oder wie man es auch nennt, Bewusstes Träumen ist einer der euphorischsten Zustände, die wir kennen: Während des Träumens den Zustand zu erkennen eröffnet für die einen ungeahnte Möglichkeiten, uneingeschränkt die Filme und Abenteuer im eigenen Kopf zu genießen, für die anderen ergibt sich dadurch die Möglichkeit das eigene Lebensskript zu beeinflussen, für wieder andere erschließen sich Welten von Phantasie und Kreativität, Magie, Spiritualität.
Im Workshop besprechen wir theoretische Hintergründe des Klarträumens und werden auch eine Übung, um das Klarträumen zu erlernen, erleben.

In Verbindung mit Traumarbeit (Gestalt) werden wir unseren Träumen auf die Spur kommen – um neue Ideen zu holen, uns selber besser zu verstehen und uns ein paar Freiheitsgrade zu erschliessen.

Theorie-Brunch

Katharina Gsöllpointner | Lucy in the Sky (with Diamonds)
Die Neurowissenschaften können uns eine Ahnung davon vermitteln, was beim Träumen passiert. Neurologische Forschungen zeigen, dass unser Gehirn während des Schlafens weiter arbeitet. Synapsen feuern weiter und — je nach der Art unserer Erfahrungen während des Tages und je nachdem, welche Erinnerungen wir in unserem Hirn und in unserem Körper „gespeichert“ haben — kann das zu den lebhaftesten Sinneseindrücken führen, die Träume genannt werden. Sie können als schreckliche Albträume oder aber als die schönsten und beglückendsten Erfahrungen, die wir jemals gemacht haben, erlebt werden. Die Vernunft scheint dabei keine Rolle mehr zu spielen.

Forschungen über synästhetische Erfahrungen zeigen uns weiters, dass eine Reihe von unterschiedlichen Hirnregionen crossmodale Sinneswahrnehmungen koproduzieren, die Graphem-Farb-, Sound-Farb-, Wort-Geschmack- oder verschiedene andere Synästhesien bei Menschen bewirken.

Das gleiche kann unter dem Einfluss bestimmter Drogen oder von Psychosen beobachtet werden, ebenso wie bei der Auseinandersetzung mit Kunst. All diese Erlebnisse stehen grundsätzlich mit unseren Hirnaktivitäten in Zusammenhang, die wir aber kaum oder nur sehr schwer kontrollieren können.

Die Kunst hingegen kann mentale Zwischenstadien und Übergangsphasen ebenso wie Träume, Illusionen, Halluzinationen und synästhetische Erfahrungen simulieren bzw. derart reproduzieren, dass wir diese sogar manchmal steuern können. Der Vortrag wird einige kulturelle, persönliche und künstlerische Phänomene zum Thema „luzide Träume“ beleuchten sowie ausgewählte (digitale) künstlerische Arbeiten vorstellen.

Friedrich Tietjen | Ökonomie des Traums oder: Da träumst du von!
Vor ein paar Jahrzehnten traten neue Träume auf. Seitdem erzählen uns Werbungen aller Art von einer Welt, die von Traummännern und -frauen bevölkert ist, die Traumjobs haben, in Traumhäusern oder Traumwohnungen leben und mit Traumautos auf Traumreisen fahren. Und in der Tat ist es einfach, in diese Traumwelt zu gelangen – wir müssen nicht mehr tun als irgendeine kleinere oder größere Ware zu erwerben, um entweder ein Traummann oder eine Traumfrau zu werden oder diesen Traum zu leben. Diese Art von Träumen sind in manchem unseren nächtlichen Erlebnissen ähnlich: Beide benutzen oft starke Bilder, sie folgen selten rationalen Logiken und sie werden niemals wahr. Die Unterschiede zwischen beiden sind allerdings fundamental: Diese Träume einer warenhaften Utopie werden für uns geträumt, oder genauer: Jemand träumt diese Träume für uns. Wie geht das? In welcher Beziehung stehen diese Träume zu unseren eigenen Träumen? Und in welcher Beziehung stehen diese Träume andererseits zu den anderen Traumwelten des Fernsehens, des Kinos und der Spiele?