IMAnarchiv Ausstellung

Das IMAnarchiv lädt ein zum Lauschen, Visionieren, Kombinieren, Verwerfen und Überschreiben. Und wie Siegfried Zielinsky es so treffend beschreibt: es geht um eine Suchbewegung, die sich das Geschenk wirklicher Überraschung gönnt.

In der Ausstellung in der IMAsoundgalerie wird nicht darauf vergessen zu speichern sondern gespeichert, um zu vergessen.
Die Polypalimpsestinator I und II des KünstlerInnenkollektivs Alberto de Campo / Hannes Hoelzl / Alessandra Leone und Der Gedächtniskanon von Elisabeth Schimana thematisieren das kulturelle Gedächtnis von Aufzeichnungsmedien und die in ihnen eingeschriebene Vergänglichkeit.

Polypalimpsestinator I, II

Alberto de Campo, Hannes Hoelzl, Alessandra Leone | Technische Realisation: Liang Zhipeng

For my birthday I got a humidifier and a de-humidifier…I put them in the same room and let them fight it out. Steven Wright

Frühe Ton-Aufnahmeverfahren wie Lichtton und Grammophon haben die Art und Weise verändert, wie Menschen Klang denken – zum Beispiel existiert die Idee von ‚Live-Musik‘ nur, weil Aufnahmen möglich sind, und das Behalten von physischen Erinnerungen von Stimmen geliebter Personen war einer der attraktivsten Aspekte dieser Maschinen.
Dualitäten werfen immer die Frage auf, was ihr ‚tertium non datum‘ sei, und hier legt die binäre Konstellation Schreiben und Lesen offensichtlich nahe, dass das fehlende Dritte das Löschen ist. Die zwei gezeigten Maschinen sind der Beginn einer Serie von Geräten die das komplexe Implikationsfeld von technischem Lesen und Schreiben thematisieren, ihre historischen Anfänge und ihre Aura. Technische Aufschreibsysteme verursachen Probleme, wenn sie versuchen, alles für immer zu erinnern (siehe die aktuellen Aktivitäten der NSA), und man kann sich hier bionische Inspiration von lebenden Systemen holen, die immer schon um die Macht des Vergessens wussten.

Polypalimpsestinator 1 © Alberto de Campo

Polypalimpsestinator I © Alberto de Campo

Polypalimpsestinator I ist die erste einer Serie von Maschinen, die ständig gleichzeitig Information schreiben und löschen. Auf einem Plattenteller mit drei Armen schreibt ein Arm neue Linien, ein anderer löscht sie, indem er negative Linien darüber schreibt, und ein dritter Arm liest die resultierenden visuellen Muster und audifiziert sie.

Polypalimpsestinator II © Hannes-Hoelzl

Polypalimpsestinator II © Hannes-Hoelzl

Eine Nadel schneidet Rillen in eine rotierende Kerze und nimmt so Klang auf; ein Laser und eine Photodiode lesen den Klang; ein bewegtes Teelicht erwärmt die Kerze und löscht so allmählich die aufgezeichneten Rillen. Polypalimpsestinator II ist das zweite einer Serie von Geräten, die den Zyklus der Aufschreibesysteme schliessen, indem sie sich an das Vergessen erinnern.

Der Gedächtniskanon

Elisabeth Schimana

Die einzelnen Stimmen des Kanons sind auf CD, Flashcard, Floppy, HD, Magnetband, Minidisk, Papier, Pergament, Vinyl, Wachswalze…. aufgezeichnet und in einem Regal verwahrt. Es sind die Stimmen des Hades, ewig lebendig und doch eingefroren in ihren der Vergänglichkeit ausgesetzten Medien.Bandmaschine, CD Player, Computer, Grammophon, Minidisc Player, MP3 Player, Phonograph, Plattenspieler,……. harren lose im Raum verteilt ihrer spielbaren Gedächtnisse, bereit, eine einzelne Stimme erklingen zu lassen.

Es sind die BesucherInnen die diesen Kanon in immer neuen Variationen fragmentarisch entstehen lassen und die spielbaren Gedächtnisse mit ihren Lese- und Abspielapparaturen in Verbindung bringen. Dabei wird es nie möglich sein diesen Kanon in seiner Ganzheit, Vollkommenheit, seinem Idealzustand jemals wahrnehmen zu können, denn in jeder Lesbarkeit ist die Zerstörung bereits mit eingeschrieben.
Hörst du mich?